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EX009 Sprechendes Denken: Von der sinnlich-sinnhaften Verfertigung soziologischer Erkenntnis beim Sprechen und Hören - Vorträge

Die Wissenschaftskommunikation hat seit einigen Jahren – in der Soziologie mit erheblicher Verzögerung – das Medium Podcasting für sich entdeckt. Dabei werden, den Annäherungen an andere digitale Medien nicht unähnlich, vor allem Podcasts als Instrument der “public science” verstanden und genutzt. Erzählende Formate, Interviews aber auch gebaute Features können dabei als bevorzugte Formate erwähnt werden. Podcasts dienen so vor allem als Medium der Wissensvermittlung. Aber was sind die Potenziale von Podcasts in der Wissensgenese, in der erkenntnistheoretischen Reflexion methodisch-theoretischer Produktion wissenschaftlicher Erkenntnis selbst?

Welche Formen der Konstitution von Wissen sind in auditiven Medien möglich, die in anderen, etwa schriftlichen Texten, nicht möglich sind? Sind Sinn und Sinnlichkeit vermittelt? Werden hierüber neue Zugänge zur Gesellschaft wie auch zur Soziologie möglich? Wie kann etwa mit gesprochener Sprache anders als mit schriftlicher Sprache gedacht werden – sowohl sprechend als auch hörend? Mit welchen Mitteln und unter welchen Bedingungen können auditive Darstellungen als strenge wissenschaftliche Textformate akzeptiert werden? Und welche Bedeutung hat schliesslich die spezifische Form auditiver Medien: Podcast?

Der Vortrag beschäftigt sich mit den Eigenheiten der Darstellung und Durchführung der Wissensgenese im Medium der Stimme, des Sprechens und des Hörens. Die Stimme als ‘reflexives Medium‘ ermöglicht über das Mehr, über den unauslöschbaren Überschuss ihrer “Rauheit” und Körperlichkeit, ein Aufbrechen des diskursiv Verfestigten und eine reflexive Beobachtung der Medialität aller Erkenntnispraxis selbst und das vermeintlich bloss Subjektive neu denken lässt. Darüber hinaus geht es um ein Denken im Gespräch, das über den bloss argumentativen Streit des Diskurses hinausgeht. Dies sind einige der Möglichkeiten einer Öffnung für neues Wissens und neue Wissensformen.

Der Vortrag fand im Rahmen des 40. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Panel zu “Podcasts in der Soziologie” statt.

Das Audio wird, gemeinsam mit den anderen Vorträgen des Panels, ebenfalls auf sociohub-fid.de sowie im Podcast Das Neue Berlin veröffentlicht.

LINKS
⁃ Website des 40. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS): https://kongress2020.soziologie.de/programm
⁃ Die Website des Fachinformationsdienstes der Soziologie – Sociohub: sociohub-fid.de
⁃ Podcast Das Neue Berlin: https://dasneue.berlin

LITERATUR
⁃ Barthes, Roland. 2012. Das Rauschen der Sprache
⁃ Barthes, Roland. 2015a. Die Rauheit der Stimme
⁃ Barthes, Roland. 2015b. Zuhören
⁃ Barthes, Roland. 2015c. Die Musik, die Stimme, die Sprache.
⁃ Chion, Michel. 1994. The three listening modes.
⁃ Jacob, François. 2000. Die Maus, die Fliege und der Mensch: über die moderne Genforschung.
⁃ Klenk, Moritz. 2020. Sprechendes Denken: Essays zu einer experimentellen Kulturwissenschaft
⁃ Krogh Groth, Sanne und Kristine Samson. 2016. Audio Papers – a manifesto. Seismograf/DMT (August). http://seismograf.org/fokus/fluid-sounds/audio_paper_manifesto (zugegriffen: 19. Mai 2018).
⁃ Mauss, Marcel. 1989. Die Techniken des Körpers. In: Soziologie und Anthropologie 2.
⁃ Mittelstraß, Jürgen. 1996. Versuch über den sokratischen Dialog.
⁃ Nancy, Jean-Luc. 2010. Zum Gehör.
⁃ Rheinberger, Hans-Jörg und Alexandru Bulucz. 2015. Hans-Jörg Rheinberger – die Farben des Tastens: Hans-Jörg Rheinberger im Gespräch mit Alexandru Bulucz.
⁃ Schulze, Holger. 2017. How to think sonically? On the generativity of the flesh. In: Sonic thinking.
⁃ Stierle, Karlheinz. 1996. Gespräch und Diskurs: Ein Versuch im Blick auf Montaigne, Descartes und Pascal.

Vollständige Literaturangaben auf der Website der Episode:

EX007 Mit Stefan M. Seydel - Gespräche

Zurück aus Berlin habe ich mit Stefan M Seydel telefoniert. Anlass war die zurückliegende Verteidigung meiner Dissertation vergangene Woche, aber auch und in diesem Zusammenhang ein Tweet von Maren Lehmann zur Veröffentlichung der Aufzeichnungen des Disputationsvortrags als letzte Folge des Podlog. Was provoziert daran so? Warum kann etwas nur entweder Prüfungsleistung sein, oder artistic research? Und begründet diese Kritik wirklich einen Mythos der letzten Disputation (so Stefans leidenschaftliche Interpretation)?

Es ging aber auch um anderes: was ist eine intentionale Frage ohne Körper, ohne Vermittlung in sinnlicher Wahrnehmung? Was bedeutet es, wenn man heute nicht mehr immer nur vom hier und jetzt ausgeht, sondern ständig mit dem immer und überall rechnen muss? Und welche hier und jetzt sind dann möglich?

Das Gespräch mit Stefan greift so vieles auf, das hier in dieser Serie der ‘Gespräche’ tausende Anfänge längst voraussetzt. Ein solches Gespräch ist längst immer die Fortsetzung einer Geschichte der Freundschaft, gerade vielleicht auch im gemeinsamen Rätseln um die oft so unverständliche soziale Welt.

Links:
https://twitter.com/Maren_Lehmann/status/1143519494570217473
https://twitter.com/Maren_Lehmann/status/1144322733746151427